Hamburger Morgenpost 22.04.2010

Der Tag des Spatzen - Ein politischer Naturfilm über Deutschland und den Afghanistan-Konflikt
Eckart Alberts

Das Thema: Am 14. November 2005 wird in Leeuwarden ein Spatz erschossen, weil er 23 000 Dominosteine umgeworfen hat, und in Kabul stirbt ein deutscher Soldat infolge eines Selbstmordattentats. Diese beiden Zeitungsmeldungen haben eigentlich nichts miteinander zu tun. Aber den Dokumentarfilmer Philip Scheffner ("The Halfmoon Files") brachten sie auf die Idee, sich mit den Methoden der Ornithologie auf die Suche nach dem Krieg zu machen. In Deutschland, nicht in Afghanistan. Denn hier stellt sich die Frage: Leben wir im Frieden oder im Krieg? Der Regisseur: Philip Scheffner, der schon seit seinem achten Lebensjahr Vögel beobachtet, ist hier distanzierter Betrachter, der möglichst wenig ins Geschehen eingreift. Er und sein Team haben für ihren Film über Afghanistan Deutschland ganz bewusst nicht verlassen. Ihm ging es darum, die hier sichtbaren Spuren zu zeigen - an der Ostsee, in der Eifel, in der Uckermark. Scheffner beginnt mit Bildern von einem lange zurückliegenden Urlaub am Meer: Eine Landschaft, in der Naturschutzgebiet und Truppenübungsplatz ineinander übergehen. Meeresrauschen mischt sich mit Vogelgezwitscher und den Detonationen von Flugabwehrraketen. Ort für Ort fängt die Kamera die Realität des Krieges ein, in Bildern scheinbaren Friedens. Dabei verliert der Regisseur die Vögel nie aus den Augen. Sie sitzen in Kanonenrohren, auf Zäunen, flattern über Wiesen und Felder, markieren die Orte, an denen dieser Krieg gemacht wird. Daneben dokumentiert Scheffner seine Kommunikation mit der Bundeswehr, die sich nach einigem Hinund Her am Ende nicht zu einer Unterstützung seines Projektes durchringen konnte. Und plötzlich wechselt die Perspektive, und Scheffner berichtet von dem Fall eines Freundes, der im Sommer 2007 als angeblicher Terrorist verhaftet wurde. Fazit: Ein politischer Naturfilm, der auf inspirierte Weise den Einsatz deutscher Truppen in Afghanistan hinterfragt.